Geschichten-Galerie

Es ist immer auch ein Loslassen, wenn die Babies aus meiner Werkstatt ein Zuhause finden. Einige, die mir besonders ans Herz gewachsen sind, zeige ich Ihnen hier.

Meine Geschichten gibt es auch in Buchform. Hier gehts zu den Informationen dazu.


Rodrigos romantische Erfindung

1649, fünf Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau, war der spanische König Philipp IV in den Vorbereitungen für seine zweite Hochzeit. Er freute sich ungemein auf seine neue Liebe Maria Anna von Österreich und hatte nichts anderes im Sinn, als die perfekteste Hochzeit auszurichten, die die Welt je gesehen hatte. Alles war bis ins Klitzekleinste geplant und so stand bald auch die Probeverkostung der Plätzchen an, welche zum Nachtisch gereicht werden sollten. Rodrigo, der königliche Feinbäcker war supernervös. Etwas einzigartiges musste her. Etwas, über das man noch lange reden würde. Und so kam er auf die Idee, die Plätzchen nicht einfach von Hand zu modellieren, sondern sie mit einer Form auszustechen. Und welche Form das sein sollte, war dem alten Backstubenromantiker sofort klar. Sogleich beauftragte er den Hofschmied Guillermo mit der Herstellung der Herzformen. Die Plätzchen in der Form des Liebessymbols stiessen wie geplant auf helle Begeisterung, die Braut war zu tiefst gerührt und Rodrigo erhielt den goldenen Teigrädcheorden, damals die höchste Auszeichnung für Zuckerbäcker. Von den drei ersten Herzformen sind heute zwei verschollen. Die dritte fand ich kürzlich – fragt mich nicht, wie sie dorthin gekommen ist – in einem alten Bauernhaus in Brislach und dachte, es wäre angebracht, ihr einen kleinen Altholzrahmen zu schaffen.


Robertino & seine Kumpels

Robertino fand ich in einer heruntergekommenen Kartonschachtel in einer alten Werkstatt, zusammen mit seinen Zimmermannsbleistiftfreunde. Früher spielten sie einst tragende Rollen auf ihren Baustellen: Wo genau der Firstbalken eingekürzt werden musste, an welcher Stelle die Steckdosen zu montieren waren oder auf welcher Höhe exakt der Kamin das Zimmer zu verlassen hatte, die roten Stifte waren immer zuverlässig zur Stelle und halfen, wo Bedarf für Markierung herrschte. «Und was ist der Dank dafür?» haderte Alfonso, der grösste unter ihnen, «die heulende Bohrmaschine und die kreischende Tischsäge standen immer im Mittelpunkt, aber uns nahm nie jemand war!» «Jetzt komm schon, Fons,» munterte Robertino ihn auf, «denk doch mal nach. Die wurden wahrscheinlich schon längst ausrangiert, wir hingegen sind noch immer da. Und zudem haben wir es doch gut, weil wir nicht alleine sind». Mir machte die positive Einstellung von Robertino Eindruck. Er verbreitete Zuversicht, obwohl er der Kleinste unter ihnen war. Ich fand, er und die ganze Truppe hätten es verdient, für ihren zuverlässigen Job, den sie stets leisteten, eine würdige Bleibe zu erhalten. Und so befreite ich sie aus ihrer dunklen Box und schuf ihnen ein neues Zuhause mit Aussicht. Die Truppe jubelte und auch Alfonso konnte wieder lachen.


Olga und Katjuscha

Was erstaunlicherweise niemand weiss: im fernen Land Fassadistan befindet sich die weltweit einzige Schule für angehende Fenstenladenhalter:innen. Das Land ist sehr arm und die einzige Perspektive für seine winzigen Bewohner ist, diese Schule zu besuchen und dann in die weite Welt auszuwandern. Und so stammen auch bei uns fast alle professionellen Fenstenladenhalter:innen aus Fassadistan. Wie die Zwillinge Olga und Katjuscha, die jahrzehntelang einen super Einsatz leisteten. Am gleichen Fenster, aber weit auseinander und darum die ganze Zeit ohne sich zu sehen oder zumindest miteinander reden zu können, fixierten sie jahrein jahraus zuverlässig die ihnen zugewiesenen Fensterläden. Jetzt endlich sind sie pensioniert und ich dachte es ist höchste Zeit, die beiden Schwestern wieder zu vereinen, das haben sie sich wirklich verdient.


Zeitlos

Es gibt so Momente, an denen man sich wünscht, die Zeit bleibe stehen und man könne sie festhalten und sie noch etwas länger geniessen. Der Moment zum Beispiel, wenn nach langer Trockenheit die ersten Tropfen fallen und einem der herrliche Duft des Regens in die Nase steigt. Oder wenn man mit seinem Lieblingsmensch unter dem alten Apfelbaum im Gras liegt und die Abendsonne über die sich öffnenden Blütenknospen streicht.

Bei diesem Werk hab ich einem alten Uhrwerk ein neues Zuhause geschaffen, das aus einem verwitterten Handlauf einer Treppe aus Nunningen besteht. Die kleine Zeitmaschine, die ihr ganzes Leben hindurch dauernd damit beauftragt war, um Himmelswillen ja immer die aktuelle Zeit anzuzeigen, ist nun zur verdienten Ruhe gekommen. Nur noch mit Stundenzeiger, der seine Bahnen auf dem hübschen Emailzifferblatt beendet hat, zwinkert sie uns zu, immer mal wieder inne zu halten um die schönen Momente in unser Leben nicht zu verpassen.


Staubstoffels Zäpfchen

Ungefähr alle kennen die berühmten drei Haselnüsse für Aschenbrödel. Eigentlich gar nicht bekannt hingegen sind die zwei Tannenzäpfchen von Staubstoffel. Dieser war lustigerweise ein Cousin zweiten Grades von Aschenbrödel und lebte nicht weit weg vom Schloss des Prinzen, den Aschenbrödel heiratete. Staubstoffel war leider geistig etwas unterbemittelt und so war er der festen Überzeugung, auch er könne vermittels magischer Botanik zu einem besseren Leben kommen. Bis zu seinem Lebensende, das er tragischerweise im ewigen Staub einer uralten Kornmühle erlebte, hütete er zwei kleine Kiefernzäpfchen und rieb immer wieder hoffnungsvoll an ihnen, ohne dass je einer seiner innigen Wünsche in Erfüllung gegangen wäre. Die Legende besagt, dass sich die beiden Zäpfchen nach seinem Ableben in Messing verwandelten, was dem armen Kerl dann aber auch nichts mehr nutzte. Ich kann jetzt irgendwie nicht ganz erklären, wie ich in den Besitz genau dieser beiden Zäpfchen gekommen bin – kann aber nur inbrünstig bekräftigen, dass sich alles genauso ereignet hatte und ich den beiden Objekten jetzt einen kleinen, herzigen Spiegelaltholzrahmen geschaffen habe – quasi als kleine Hommage an den allseits vergessenen Staubstoffel.


Kiki

Kiki, die etwas ins Alter gekommene, aber immer noch rüstige Jasskreide wurde vor vielen Jahrzehnten in der Silva-Fabrik geboren, wo sie ein kleines Röcklein aus orangem Zellophan bekam und man sie zusammen mit 11 Kolleginnen in ein Schächtelchen legte. Ab und zu rumpelte es, der Deckel wurde angehoben und eine von ihnen verschwand für ein Weilchen. Das fand Kiki immer total spannend, denn so konnte sie ab und zu einen Blick nach draussen werfen, wo meist ein Grüpplein Menschen mit Karten in den Händen gute Stimmung verbreitete. Es beschäftigte sie aber auch sehr, dass die Kreidekolleginnen, die nach einiger Zeit in die Schachtel zurückkehrten, immer kleiner wurden, bis sie eines Tages nicht mehr kamen. Bald kam der Tag, an dem sie an der Reihe war und nun erfuhr sie das Geheimnis ihrer Vorgängerinnen. Schon bald verlor Kiki ihre Spitze beim Streifen über die Schiefertafel und stellte sich tapfer darauf ein, in ihrer Bestimmung als Schreibwerkzeug aufzugehen. Doch aus irgendeinem Grund, nahm man sie nicht mehr aus ihrer Schachtel. Und so harrte sie zusammen mit ihren 4 noch verbliebenen Freundinnen viele Jahrzehnte in ihrem dunklen Zuhause, bis ich sie als Jass-Antiquität auf einer Onlineauktion entdeckte und ersteigerte. Und weil ich fand, dass die herzige Kreidebande jetzt etwas Licht und Abwechslung verdient hatte, habe ich ihnen ein kleines Altholzbalkönchen mit Aussicht geschaffen.


Tinu, der Skistockteller

«Huhu!» tönte es aus der Altmetallmulde, als ich um Mitternacht mit der Taschenlampe das entsorgte Eisengut durchstöberte. «Huhu!» vernahm ich erneut und schon tauchte der kleine Lederstern im Lichtkegel auf. «Nimmst Du mich mit?» fragte er mich. Tinu, heisse er, und sei grad in einer etwas dummen Situation. Nicht nur sei ihm sein Skistock abhandengekommen, auch sein Kumpel Peschä vom zweiten Stock sei irgendwie verschwunden. Die beiden Skistockteller hatten es immer gut gehabt zusammen und so manches gemeinsame Abenteuer erlebt. Die ganze Heimfahrt erzählte mir Tinu aus seinem Leben, von haarsträubenden Abfahrten, fröhlichen Après-Ski-Feten und dass er einmal sogar auf einem Sessellift bei einer Liebeserklärung mit dabei sein durfte. Das traurige, lange Ausharren in einem dunklen Keller erwähnt er nur kurz, viel zu aufgeregt war er, endlich wieder Gesellschaft zu haben. Weil mich das aufgestellte Kerlchen mit seiner positiven Einstellung imponierte und sowieso, weil ich fasziniert war, wie aufwändig und kunstvoll früher Skiequipment hergestellt wurde, fand ich es angebracht, ihm ein Altholzbild zu schaffen. Wer Skifahren liebt, altes Handwerk bewundert und auf tollkühne Pistengeschichten steht, sei Tinu wärmsten ans Herz gelegt.

Georges' Herzspiegel

Anders als heute, wo in vielen Gebäuden durch aufeinander abgestimmte Zylinderschlösser Polyamorie herrscht, lebten Schlüssel und Schlösser früher in der Regel ihr Leben lang monogam. Ich hatte darum sofort heftiges Verständnis, als ich Georges, einen alten, würdevollen Schlüssel, völlig aufgelöst in einer verstaubten Rösslizigarrenschachtel fand. Ohne sein geliebtes Schloss sei sein Leben ganz und gar sinnlos, schluchzte er herzerweichend. Also überlegte ich mir, wie ich dem Kleinen eine neue Aufgabe geben könnte, die trösten würde. Ich baute ihm einen Herzspiegel aus sehr schön verwitterten, silbergrauen Fassadenbrettern und hängte ihn daran. «Du bist jetzt ein Symbol für die Liebe und quasi der Schlüssel zum Herzen», erklärte ich ihm. Und jetzt schaut, wie er da strahlt in seiner neuen Rolle, der kleine Georges.


Der Nistkasen selig

Als ich den entsorgten Nistkasten mit seinem kaputten, von roten Flechten bewachsenen Dach in der Mulde fand, tat er mir irgendwie leid. Über viele Jahre bot er Vogelpaaren einen geschützten Hort, in dem sie ihr Nest bauen und ihre Jungen aufziehen konnten. Seine Abschiebung in die Mulde erschien mir irgendwie gar nicht recht. Ich zerlegte ihn und fügte Teile des Daches, der Seitenwände und der Front zu einer Collage zusammen. Jetzt sind die verschiedenen Teile des Kasten – alle bisher in verschiedene Himmelsrichtung schauend – zum ersten mal vereinigt und ich glaube sie erzählen sich alle gerade angeregt, was jedes so für sich so erlebt hat.


Buchers Tablett

Wie viele Harassenladungen Nunninger Äpfel sind wohl durch den moosgrünen Holztrichter des Obstschredders Richtung Apfelmost gekullert? Der Trichter mit der schönen, grünen Patina stand in einem sehr alten Haus in Nunningen und sollte in die Entsorgung. Mir gefiel der verlebte, dunkelrote Schriftzug «Maschinenfabrik Bucher-Guy(er) Niederwenigen Zürich» unglaublich gut und ich freute mich darum sehr, dass ich das Teil in meine Werkstatt nehmen durfte. Eine ergraute Latte spendierte den Rahmen für das Tablett und jetzt war er auch gekommen, der Moment, wo die zwei alten Messinggriffe einer Kommode ihren grossen Auftritt erhielten.


Das never-ever-give-up-Tablett

Man muss einfach an sich glauben, dann kommt es schon gut. So erging es 6 alten Stühlen, deren Tage — so wackelig und durchgesessen sie waren — eigentlich gezählt waren. Aber selbst angekommen im Recyclinghof, blieben sie optimistisch und siehe da, eine Mitarbeiterin ebendieses, erinnerte sich an einen Altholzflüsterer, dem sie die Stühle am Feierabend vor die Werkstatt stellte. Und so erschuf dieser aus den Beinen der alten Sitzmöbel dieses Tablett. Und weil den Stuhlbeinen tragende Rollen ja ausserordentlich vertraut sind, gewöhnten sie sich schnell daran, von nun an Kulinarisches zu tragen.


Chunnt scho guet!

Die kleine Hand streckte mir – auf einem verrotteten Brett montiert – inmitten einer Entsorgungsmulde einen winzigen Metallstab entgegen und das wirkte auf mich irgendwie sehr berührend. Denn es sah aus wie ein Daumen nach oben und als wollte sie mir sagen: «Hey, ich bin hier zwar irgendwie grad e bitzeli am Arsch, aber was soll’s, das wird schon wieder!». Und weil wir alle zwischendurch ein motivierendes «Chunnt scho guet!» gebrauchen können, habe ich sie mit zu mir in die Werkstatt genommen und ihr ein kleines Altholzzuhause zum Auhängen geschaffen. Ein Aufstellerli, wenn’s mal grad nicht ganz so läuft, wie’s soll und ein Erinnerli, dass mit Zuversicht gleich alles wieder heller wird.

Achtsamkeit

Etwas mehr Achtsamkeit können wir alle gebrauchen in diesen Zeiten, wo es immer normaler wird, dass jemand, der nicht derselben Meinung ist, gleich zum Feind gestempelt wird. Wo Schwache den Mechanismen der Optimierung zum Opfer fallen und wo viel Lautes, Schrilles und Grobes im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, derweil die feinen Töne und das Verletzliche verdrängt werden. Dem wunderschönen «Handle with care» Signet, das ich auf einer alten Holzkiste entdeckte, gab ich einen schützenden Rahmen aus alten Dachlatten aus Nunningen. Es darf jetzt hinaus in die Welt, wo es uns immer wieder daran erinnert, nicht zu vergessen, dem Zerbrechlichen und Wertvollen Sorge zu tragen.

Sophie

«Wo hast Du nur immer alle diese Ideen her?», fragt man mich ab und zu. Höchste Zeit, da mal was richtig zu stellen. Es ist nämlich so, dass Einfälle – was ich äusserst faszinierend finde – überall auf Welt ganz von alleine entstehen, und zwar je nach Konstellation der Umstände. Zum Beispiel immer genau dort, wo die orangerote Abendsonne untergeht, entstehen romantische Einfälle. Damit hingegen freche Ideen entstehen, müssen Blitze in nicht zu junge Tannen einschlagen, während kühne Eingebungen zwingend unter mindestens 50 m hohen Wasserfällen geboren werden. Kreative Ideen wiederum entstehen immer genau dann, wenn Regenbögen in der Abendsonne den Boden berühren. Und so entstand auch die kleine Sophie. Sie war zwar nur ein klitzekleines Ideechen, war aber doch recht selbstbewusst. Denn für sie war klar, dass man aus einem knorrigen Wachholderästchen aus dem Engadin ein Bild mit einer herzigen Schaukel basteln konnte. Sophie war ungemein überzeugt von sich selbst, denn sie fand, dass das Ganze einerseits Leichtigkeit ausstrahle und andererseits aber auch irgendwie ein bisschen Melancholie, was sie spannend fand. Nun ist es aber so, dass all die Einfälle, die überall entstehen, für ihre Verwirklichung Menschenseelen finden müssen, die zu ihnen passen und die sie umsetzen. Für Sophie war das gar nicht so einfach. Sehr lange fand sie niemanden, der mit ihr etwas hätte anfangen können. Gut bin ich ihr begegnet, denn wir haben uns sofort prima verstanden.


Gordon's Dry Gin Wandbild

Da schaut man ganz entspannt bei der Altholzmulde seines Vertrauens vorbei und dann grinst einem eine alte Gin-Holzkiste entgegen: yesss – was für ein Steilpass! Weil ich den etwas verwegenen-groben Gordon’s-Aufdruck ungemein cool fand, dachte ich, der muss irgendwo an eine Wand. Also habe ich dem Teil einen Altholzrahmen verpasst und voilà, das ist es, DAS perfekte Geschenkt für den Gin-Liebhaber oder die Gin-Liebhaberin.

Revival eines Davoser-Schlittens

Wie viele Schneekilometer der alte Schlitten aus Zürich auf dem Buckel hatte, konnte ich nur erahnen, denn der Schlitten war echt am Ende. Lottrig und mit durchgerosteten Kufen landete er bei mir in der Altholzflüsterei, nachdem ich ihn auf dem Trottoir ausgesetzt gefunden hatte. Er ist noch daran, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass er jetzt als Tablettboden Geschirr und Servietten und vielleicht die eine oder andere Deko statt schnittige Skihosen tragen wird. Geben Sie ihm einfach etwas Zeit und gewöhnen Sie ihn langsam an seine neue Aufgabe – er wird sie schon meistern.

Hesch-Dini-Ovi-scho-gha-Tablett

Wie oft güxsle ich in die Altholzmulde ohne etwas Braubares zu entdecken. Umso grösser war meine Freude, als ich auf eine echte Trouvaille stiess: ein alte Ovomaltine-Kiste. Die soll in die Verbrennung? Sicher nicht! Zusammen mit den antiken Türgriffen und herrlich verwitterten Dachlatten hab ich aus ihr dieses Tablett geschaffen. Sie müssen mit ihm nicht zwingend Ovomaltine servieren, aber ich denke, Sie würden ihm eine Freude damit bereiten.

Gabi und Lödevik

Besteck hat es beziehungstechnisch nicht leicht. Immer wieder wird es innerhalb des Services neu miteinander kombiniert – schwer also, hier eine Beziehung zu führen. Die meisten Gabeln, Löffel und Messer bleiben darum ihr Leben lang Singles. Nicht so Gabi Gabelhauer. Sie war schon als kleines Dessertgäbelchen erfüllt von Emotionen und kam ganz nach ihrer Grossmutter, einer warmherzigen Tranchiergabel, die – ganz gabeluntypisch – stehts ihren Gefühlen folgte. Und so verliebte sich Gabi bald in den charismatischen Lödevik Löffelmann, dessen Herz bald ebenso heftig für die prächtige Silbergabel schlug. Doch ihre Liebe wurde hart geprüft. Aufgedeckt stand immer ein Teller zwischen ihnen und in der Besteckschublade gab es für Gabeln und Löffel separate Fächer. Nur äusserst selten trafen sie sich während des Abwasches und nur einmal kamen sie sich all die Jahrzehnte richtig nahe, als sie unsorgfältig ins gleiche Fach eng nebeneinander liegend versorgt wurden. Als ich sie in einer Altmetallmulde friedvoll in einer alten Bratpfanne liegend entdeckte, musste ich sie einfach mitnehmen und ihnen einen heimeligen Altholzrahmen schaffen, wo sie ab jetzt für immer vereint sein können. Ich finde, das haben sie sich verdient.


«Gopferdeckeli»

«Jo Gopferd….» tönte es aus meiner Werkstatt, als ich eine Gehrung eines Bilderrahmens vor lauter Vorfreude, die vier Seiten bald verleimen zu können, prompt verkehrt geschnitten hatte. Der Rahmen für eine liebe Kundin war dahin und ich musste in meinem Altholzlager auf die Pirsch nach zwei passenden Holzlatten gehen, um erneut mit dem Verleimen zu beginnen. Aus den Abschnitten des verschnittenen Holzrahmens entstand dann dafür als Trost dieses seeeeehr herzige kleine, … eben halt «Gopferdeckeli».


Der Klosterkommodenspiegel

«Sie sind am Entrümpeln des Klosters Beinwil – hast Du Interesse an alten Dingen?» Was macht man in solchen Situationen: reichlich Endorphine ausschütten, Anhänger an den Kombi kuppeln und losfahren. Der sehr freundlicher Abt überliess mir etliche alte Möbel – darunter eine Kommode mit toller Patina. Normalerweise würde ich die alten Griffe auf meine Tabletts transplantieren – aber für einmal liess ich sie an ihren Schubladenfronten und gestaltete diesen Spiegel daraus. Die Patina der Griffe und das verwitterte, orange-braune Schubladenholz passen toll zueinander und haben gemeinsam sicher viel erlebt.

Das Nie-mehr-kalte-Füsse-Licht

Ich gestehe, ich bin absolut nicht der Schlittschuhläufer. Schon als Bub war ich immer froh, wenn ich wieder vom Eis konnte und meine Füsse wieder eine Chance auf normale Betriebstemperaturen erhielten. Aber hey, diese alten, fantastisch pittoresken Schlittschuhkufen musste ich einfach dem Altmetallkreislauf entziehen und verarbeiten. Es ist immer wieder faszinierend, wie früher Funktionales mit viel Liebe zur Form gestaltet wurde. Und jetzt brennt das Kerzlein da, wo ich immer kalte Zehen hatte und verbreitet durch die schönen Öffnungen im Metall sein wohlig-warmes Licht – und ein bisschen Versöhnung herrscht :-) Ein Licht also sowohl für Eislaufromantierker*innen als auch für solche, die dem Schlittschuhlaufen nicht so hinterhertrauern ;-)

Schynige-Platte-Schwarm

Auf dem Oberberghorn oberhalb der  Schynigeplatte hat mich ein abgebrochenes Stück Holztreppe angelacht.
Ich musste es einfach mitnehmen und erntete nicht wenige verwundert-amüsierte Blicke von entgegenkommenden Wanderer*innen und ein paar Brennholz-Sprüche. Unsere Tischnachbarin auf der Bergterrasse verstand mich dann auch noch nicht richtig und erklärte ihren Kollegen, ich sei ein Alphornflüsterer. Später wanderten wir an tollen, hellen Schiefersplittern vorbei, von denen ich ein paar schöne Exemplare mitnahm. Jetzt fehlte nur noch die Rückwand des Bildes und so fragte ich die Chefin des Campings in Wilderswil, wo wir zelteten, ob ich eines der verlebten Bretter haben durfte, die Wohnwagenbesitzer unter ihre Wagenstützen legen. Zuhause in der Werkstatt fand dann alles zusammen und wie freute ich mich, dass das Bild von einem Anwohner des Campings erstanden wurde :-)

Schuppenreisli

Es war einmal ein lustiger Tannenzapfen, der oberhalb von Röschenz unter seiner Tanne lag. Er tat das schon ziemlich lange und so wurde es ihm langsam aber sicher saulangweilig. Zum Glück erlöste ihn ein herumpirschender Altholzflüsterer, der ihn in seine Schuppen zerlegte und sie in einem kleinen Schuppenschwarm auf ein Reisli schickte. Und so kann man sie noch heute dabei beobachten, wie sie munter zusammen unterwegs sind (in einem Rahmen aus einem Stück Holz, das da ebenfalls in Röschenz am Waldrand etwas unmotiviert herumlungerte.)

DAS Schlüsselbrett

Könnte ich Schlüsselbretter züchten, dann wäre dieses Teil mein Zuchtbulle – keine Frage. Ziemlich gross, meinte mein Lieblingsmensch. Aber hey, das Leben ist zu kurz für kleine Schlüsselbretter. Das Brett erhält seinen Charakter aus der Kombination einer wunderschön verrosteten Türzarge aus Bärschwil, der Seite einer alten Industriekiste aus Trimbach und vier alten Schlüsseln, deren Bärte als Aufhänger dienen.

Vater & Sohn

Altes, rostiges Werkzeug fesselt mich. Weil heute alles skurril billig neu zu haben ist, landet es im Altmetall, obwohl es aus einer Zeit stammt, in der Werkzeug noch so gemacht wurde, dass es über Handwerkergenerationen hielt. Der Name dieses Werks kam mir in den Sinn, als ich die beiden Zangen nebeneinander legte und ich die grosse zur kleinen flüstern hörte «eines Tages, mein Sohn, gehört diese ganze Werkstatt dir.»

Die tapferen Rager

Türfallen sind unheimlich gut darin zu ragen. Hineinzuragen, ganz genau genommen. Ob in ein gemütliches Wohnzimmer, in eine lebhafte Küche oder in einen verbindenden Flur, sie sitzen an ihren Türen und ragen in die Räume, in denen wir wohnen. Dabei ragen sie nicht nur vor sich hin, sondern tun dies äusserst hilfsbereit, stets zur Stelle um uns beim Öffnen ihrer Türe behilflich zu sein. Dass wir uns eigentlich nie bei ihnen dafür bedanken, nehmen sie bescheiden hin. Als mich dieses Fallenpaar in Röschenz aus einer Kiste heraus traurig anschaute, wusste ich sofort, was zu tun war: sie mussten wieder ragen können. Ich fragte sie, ob es okay wäre, wenn das für einmal nicht an einer Tür und nach oben statt horizontal wäre. «Hauptsache ragen!» antworteten sie strahlend und nahmen glücklich ihre neuen Plätze auf diesem massiven Dekotablett ein, das aus einem Stück wunderbar verwittertem Eichenbrett des Portiflue-Brückleins in Nunningen stammt.


Henco-Bild

Ich fand heraus, dass es sich bei «Henco» um ein altes Bleich-Soda der Firma Henkel handelte. Aber immer wenn ich die tolle Schrift der alten Holzkiste sah, in der das Waschmittel transportiert wurde, kommt mir der Kinderhit in den Sinn: Henco, Henco, Henco-Henco grad jetzt; Henco eis an d'Ohre und denn ohni z'Nacht ins Bett! Und ich stell mir vor, wie da 50 (natürlich sanfte) Ohrfeiglein, sauber verpackt in kleinen Paquets in der Kiste waren. Muss grad wieder schmunzeln.


Kloster-Sockel-Spiegel

«Eines Tages,» sagte die Sockelleiste eines ausrangierten Gebetbankes auf dem Dachboden des Klosters Beinwil, «eines Tages werde ich mehr sein, als nur ein Sockel, auf dem das ganze Gewicht lastet und den kaum jemand beachtet». Und dann kam dieser Tag, als ein Altholzflüsterer ihn von seiner undankbaren Trägerrolle befreite und ihn zu einem schmucken, kleinen Spiegel verarbeitete. Und so umrahmt er nun seiner erdrückenden Bürde enthoben voller Freude und Zuversicht das reflektierende Glas und strahlt mit ihm um die Wette.



Altholzflüsterer, Philippe Ammann, Rötelnweg 12, 4208 Nunningen, Tel. 079 508 12 89, kontakt@altholzfluesterer.ch